Nach längerer Pause hatte sich Omega im 54.Jahr seines Bestehens entschieden,
wieder nach Ostdeutschland zu kommen und damit offiziell ihre Oratórium-Tournee
zu beenden. Zwei Konzerte am Stück erwartete die zum großen Teil gealterte
Fangemeinde am 22. und 23.April 2016 in der Schelfkirche in Schwerin und in der
Konzerthalle in Neubrandenburg. Eine etwas stressige Anfahrt für das
Freitagabendkonzert hatte aber ein gutes Ziel: Um 20.30 Uhr sollten endlich wieder
live die Klänge des Oratóriums und anderer Hits erschallen.
Vor der Kirche erblickte man schon über eine halbe Stunde vor dem Konzert eine
erstaunlich lange Schlange, zahlreiche Omegafreunde, man begrüßten sich aufs
Herzlichste. Beim Eintreten in die heilige Halle war das Erstaunen groß, es gab nur
noch wenige freie Plätze und dies nur noch auf den beiden Emporen. Manch lange
Gesichter der Omegafans zeigten das Problem: Nur von den Plätzen in der ersten
Reihe der Emporen hatte man einen freien Blick auf das musikalische Geschehen.
Sollte es diesmal wirklich nur ein Hörgenuss werden? Eine Kirche als Konzertort und
ein Oratórium, das muss doch bestens zusammen passen.
Das Konzert begann pünktlich. Omega begann wie üblich beim Oratórium mit
HAJNAL A VÁROS FELETT, auf der Bühne spielte die für diese Konzertform in
Deutschland übliche Oratóriumsbesetzung der Gruppe. Aus der Stammformation
der 1970er Jahre von Omega sind dies der Frontmann und Sänger János KÓBOR
(Mecky), László BENKÖ (Laci) an den Tasteninstrumenten und Ferenc
DEBRECZENI (Ciki) am Schlagzeug, also ohne Elefánt (György Molnár) und Misi
(Mihály Tamás). Am Bass spielte so wieder Kati SZÖLLÖSSY und an der Gitarre
Tamás SZEKERES, der nun selbst schon über zwanzig Jahre mit Omega auf Tour
geht. Zweiter Organist war in beiden Konzerten Albert FÖLDI. Ergänzt wurde das
Team wieder von vier Streicherinnen des akademischen Orchesters Halle-
Wittenberg, diesmal aber ohne den engagierten Dirigenten Matthias Erben.
Alle Künstler teilten sich mit der Technik einen sehr beengten Altarraum. Selbst auf
dem Taufbecken stand ein Teil des Equipments. Von oben waren somit meist nur
Mecky und Tamas zu sehen und zu hören, Ferenc am Schlagzeug konnte man mit
einem sehr „langem Hals“ auch ab und an erblicken. Die Rezension dieses
Erlebnisses bezieht sich so hauptsächlich auf das, was von rechts oben akustisch
zu erhaschen war, aber auch auf spontane Meinungen nach dem Konzert. Die
Zuhörer im Parkett der Kirche konnten hingegen den vollen Sound der Band
genießen. Die Höhenseiten der Kirche hatten hingegen den Vorteil, dass man
diesmal noch viel mehr die Kunst von Cikis Schlagzeugspiel akustisch genießen
konnte. Schade, dass Mecky sich außer einigen wenigen DANKE SCHÖN diesmal
gar nicht ans Publikum wandte. Dabei sprechen er, Laci und Ciki ausgezeichnet
Deutsch und könnten so manche Omegaepisode aus 54 Jahren gemeinsamer
Auftritten erzählen. Als Zugaben bot Omega diesmal lediglich zwei Stücke: ÉGBEN
LEBEGÖK CZARNOKA und natürlich das Mädchen mit dem Perlenhaar
(GYÖNGYHAJU LÁNY). Trotz frenetischer Beifallsstürme ließen sich die Musiker
nicht zu einem weiteren vertrauten Titel überreden. Schade.
Besonders interessant sind nach einem Omegakonzert der 2010er Jahre immer die
verschiedenen Stimmen und Meinungen des meist schon „ergrauten“ Publikums:
„Ich hatte 30 Jahre nichts von Omega gehört, toll, dass ich sie heute wieder erleben
durfte.“ „Ich kannte eigentlich nur den letzten Titel“ (Perlenhaar). „Tolle Lasershow,
die passte gut zur kirchlichen Kulisse.“ Einige der treuen Omegafreunde meinten
aber auch: „Es gab schon bessere Konzerte. Kirchen sind wohl doch nicht so gut für
Rockkonzerte geeignet.“ Dies alles tat aber der Begeisterung der zahlreichen
Zuhörer keinen Abbruch. Eine ausgedehnte Autogrammstunde rundete den Abend
ab und die Berichterstatter freuten sich schon auf das am nächsten Tag folgende
zweite Konzert. Na dann: Tschüss, bis morgen in Neubrandenburg.
Die Neubrandenburger Konzerthalle wurde 1969 nach Entwürfen von Ulrich Müther
errichtet und steht mittlerweile wegen ihrer für damalige Zeiten äußerst futuristischen
Hyparschalenkonstruktion unter Denkmalschutz. Manch skeptischer Blick der Fans
in die Kuppel der Halle verriet deren Sorgen über eine eventuelle schlechte Akustik.
Das Konzert belehrte aber alle eines Besseren. Diese „Betonzirkuskuppel“ erfüllte
alle Anforderungen an ein gutes akustisches Klima - und das diesmal für alle
Zuhörer, egal, wo sie im Saal Platz nahmen. Die Band hatte somit natürlich auch
einen viel größeren Spielraum auf der geräumigen Bühne und Mecky nutzte dies
während des ganzen Konzerts weidlich aus. Und so konnte man nun endlich auch
Lacis neues, langes Bühnenoutfit, dessen Zentrum ein riesiger goldenes Omega
bildete, bewundern, das sofort an den Omegastil der 1970er und 80er Jahre
erinnerte.
Nach nur wenigen Titeln sprang im Neubrandenburger Konzert der Funke spürbar
über und eine besondere Dynamik, die bei fast allen Omegakonzerten spürbar ist,
erfasste während des zweiten Konzertes die Halle. Jetzt konnte man auch die vier
Streicherinnen des Orchesters gut hören und sehen, die dem Omegasound
zusätzlich Spannung verliehen. Mecky, der an beiden Tagen nach eigenen
Aussagen mit einer leichten Erkältung zu kämpfen hatte, rockte wie in alten Tagen
dynamisch über die Bühne, traf alle hohen Töne mühelos und führte seine
Kolleginnen und Kollegen zu Höchstform. Ein Genuss, die Band so spielfreudig
erleben zu dürfen. Und dies im Angesicht ihres Alters: Mecky feierte im Mai diesen
Jahres seinen 73. Geburtstag, Laci ist nur wenige Wochen jünger und Ciki zählt
auch schon 68 Lenze. Eine tolle Stimmung steigerte sich von Titel zu Titel und zum
Schluss erklatschte sich das Neubrandenburger sogar drei Zugaben. Als letztes
Stück spielte die Band mit sichtbarer Freude noch PETRÓLEUM LÁMPA, eines der
bekanntesten Lieder der 1969 veröffentlichten zweite LP „10.000 LÉPÉS“
(Zehntausend Schritte).
Für die „eingefleischten“ Fans gehört zu einem solchen Konzertgenuss natürlich
noch das Warten auf die Omegas zur Autogrammstunde und so manches
spannende Gespräch in dieser gemeinsamen „Wartegemeinschaft“. Diesmal trafen
wir in Neubrandenburg den aus Göttingen stammenden westdeutschen „Omega-
Edelfan“, der tatsächlich seine Urlaubsreise in den Osten Deutschlands so plante,
dass er mit dem Wohnwagen anreisen und so das Konzert in Neubrandenburg
miterleben konnte. Staunend hörte er die wahre Entstehungsgeschichte der
legendären 1972er LP ÉLÕ OMEGA, deren Hülle aus Aluminiumfolie gefertigt
wurde, weil man der Band auf Grund zweier politisch unliebsamer Titel kein
Pappkontingent für die Schallplattenhülle geben wollte. Man glaubte so, die
Veröffentlichung der LP verhindern zu können, aber Omega war cleverer und
besorgte Alufolie für die Fertigung der LP-Hülle und kreierte so eine legendäre LP,
die zwar im Studio produziert wurde, aber mit einer eingemischten Geräuschkulisse
als Pseudo-Live-LP daherkommt. Für die speziellen Fans: Im Gespräch mit Mecky
erfuhren wir, dass der Aufdruck für die Aluhülle in vier verschiedenen Farben
veröffentlicht wurde: rot, blau, grün und braun/orange. Letztere Farben sind heute
besonders rar!
In der Warteschlange fiel uns auch ein Fan auf, der per Handy immer wieder die in
deutscher Sprache 1998 halb „illegal“ (also wohl ohne Genehmigung der Gruppe)
erschienene CD „Omega-das deutsche Album“ hörte. Mittlerweile ist diese CD selbst
schon eine Rarität geworden, aber eine höchst hörenswerte. Und dem geneigten
Leser seien noch drei weitere brandneue musikalische Omega-Leckerbissen
genannt:
Frisch aufgelegt wurde die vierfache CD „Omega DECADES“ des Labels
GrundRecords, die für die 1960er bis 1990er Jahre je eine CD mit
englischsprachigen Titeln bereithält.
Ein tolles Stück Omegageschichte ist der im vergangenen Jahr vom italienischen
Label EASTERN TIME auf CD veröffentlichte Livemitschnitt eines 1975er Konzerts
aus Minden („Live in Germany“). Das Cover der CD erkennt jeder eingefleischte
ostdeutsche Omegafan sofort, nutzt man doch hier mit der verschämten
Bemerkung: „The front cover design was taken from rare East German comilation
from 1972“ die Covergestaltung der 1972er Omega-AMIGA-LP von Christoph
Ehbets, der zahlreiche Plattenhüllen für Amiga entwarf, u.a. auch die der Bergendy-
LP von 1973.
Und als Drittes der Tipp für eine tolle brandneue CD von Elefant mit dem Titel:
„omega-red fighter-elefánt“, erschienen beim ungarischen Label Trimedio Music Kft.
Wer den kongenialen Omega-Gitarristen mit Studioband und 16 neuen Titeln im
bekannten Omegasound hören will, für den ist diese CD ein absolutes MUSS! Es ist
sehr schade, dass Elefánt nicht mehr mit der Band im Ausland spielt. In Konzerten in
Ungarn kann man ihn aber immer wieder mit Omega zusammen hören. Und 2017
soll es ja zum 55. Bandjubiläum, so hört man, eine neue CD geben. Na, das wäre ja
fast zu viel des Guten. Aber Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude.
Und deshalb nicht vergessen!!! 3.September 2016, Freilichtbühne Landsberg bei
Halle: Omega-Oratórium und als Special Guest: Stern Meißen! Das wird spannend.
Bis dann.
Omegafreunde.de 2016