Omegafreunde.de 2009
1982 Neues Leben Bernd Lammel
  Unsere letzte Begegnung in Budapest war rein zufällig. Doch wenn man eine Verabredung am Vörösmarty – Ter trifft, kann man fast sicher sein, dort eine Reihe namhafter Musiker der ungarischen Rockszene zu treffen. Am Vörösmarty befindet sich nämlich der Sitz der Ungarischen Künstleragentur „ Interkoncert“. Also ein gefragter Ort, der mittlerweile auch zum beliebten Treffpunkt für die Musiker wurde. Besagter Tag war ein Montag, und das Gesprächsthema Nummer Eins in der kleinen Kaffee – Bar von Interkoncert war die am Wochenende vor 12 000 Zuschauern in der neuen Sportarena aufgeführte Rock – Show „Hotel Menthol“ mit der Gruppe „Hungaria“. Sie und Omega gehören zu den dienstältesten Matadoren der magyarischen Rock – Szene. Mit dem Unterschied allerdings, das eine Omega eine konstante Popularität über Jahre nachweisen kann, während „Hungaria“ nach einem längeren Hänger erst jetzt wieder auf die Beine kam, was sie übrigens auch der von Omega betreuten Plattenproduktion zu verdanken haben. Doch zurück zum Ausgangspunkt. Getroffen habe ich an diesem Tag in Budapest auch Laszlo Benkö, den Keyboard – Spieler und Gründer der Gruppe Omega. Begrüßung, kurzer Austausch von Neuigkeiten. Immerhin war die Gruppe nach sieben Jahren Abwesenheit im Mai dieses Jahres zum ersten Mal wieder zu einer Konzert – Tournee in der DDR. Da gibt es viel zu erzählen. Also Verabredung zu einem Interview. Dieses kam am Freitag zustande, zwei Stunden vor meinem Abflug nach Berlin. Fragen hatte ich eine Menge, denn schließlich zählt Omega bei uns zu den beliebtesten Rockgruppen aus dem Ausland überhaupt. Dies bestätigte mir Sänger Janos Kobor sofort. Gerade aus der DDR käme eine Fülle von Autogrammpost. Darunter wären viele Briefe, in denen nicht nur die Unterschriften der fünf Musiker gefragt seien, sondern die Fans aus der DDR auch ihre Meinung über neue Omega – Titel und Schallplatten schrieben. In diesen Wochen und Monaten nun trifft eine Menge Glückwunschpost in Budapest ein, denn Omega feiert ihren 20.Geburtstag. 20 Jahre – da kann die Biographie an dieser Stelle nur schlagzeilenartig sein, denn zu viele Etappen gab es auf dieser langen Wegstrecke – für eine Rockband ja auch eine wahrhaft erstaunlich lange Zeit. Omega: „Das wir so lange schon so erfolgreich zusammen spielen, hat vor allem die Ursache, das wir alle miteinander wirklich Freunde sind. Das schließt die Übereinstimmung in den musikalischen Grundfragen ein: Wir haben unseren Stil zwar gewandelt, aber an neuen Richtungen orientieren wir uns nur soweit, wie uns eine Musik wirklich gefällt, unser Anliegen ausdrücken kann. Und was für unsere Entwicklung sehr wichtig war: Wir haben immer etwas riskiert, haben den direkten Vergleich mit anderen Gruppen nicht gescheut, haben das Publikum über Gewohntes hinausgeführt und hatten oft die Freude, festzustellen, das wir gerade darin mit ihm übereinstimmen.“ Die eigentliche Gründung der Band geht also auf das Jahr 1962 zurück., als die Musiker noch zur Schule gingen. Laszlo Benkö erinnert sich: „ Angefangen hat alles aus Spaß am Musik machen. Nach der Schulzeit haben wir in verschiedenen Klubs gespielt und dann unseren eigenen – den Omega – Klub – aufgemacht. Zuerst war es völlig egal, wie wir spielten. Manchmal ist jemand vom Publikum auf `s Podium gekommen, hat sich an `s Klavier gesetzt, und ich bin eine Runde tanzen gegangen …“ Doch so blieb es natürlich nicht lange. Die erste konstante Besetzung war 1965 gefunden. Von den Gründungsmitgliedern noch heute dabei sind meine beiden Gesprächspartner Laszlo und Janos. Seit 1965 spielen Bassgitarrist Tamas Mihaly und Gitarrist György Molnar bei Omega; der Schlagzeuger Ferenc Debreceni ist seit 1971 dabei. Seither gab es keine personellen Veränderungen. Wie die meisten Gruppen in dieser Zeit kopierte auch Omega am Anfang die bekanntesten Hits der englischen Gruppen. Sogar ihre erste Singles waren Nachproduktionen internationaler Titel. Doch von dem Moment an, da sich die Mitglieder geeinigt hatten, künftig als Berufsgruppe zu arbeiten, schufen sie sich auch ein eigenes Repertoire. Heute gibt es von Omega zehn eigene Langspielplatten in Ungarn, die elfte ist in Vorbereitung. Immer nach etwa zwei oder drei LP `s änderte Omega ihre musikalische Konzeption, was stets auch mit einer veränderten Bühnenpräsentation einher ging. In der Einheit von Musik eigener Prägung und ihrer überzeugenden visuellen Umsetzung lag immer der Vorzug der Gruppe, ob in ihrer „Hard – Rock – Phase“ oder in jener Zeit, als der „Space – Rock“ ( eine sehr atmosphärische Musik, die wegen ihrer Assoziationsmöglichkeiten als Weltraum – Rock bezeichnet wurde ) ihr bestimmendes Markenzeichen war. Über die handwerklichen Fähigkeiten der Musiker waren Publikum und Kritiker immer einig – alle fünf absolvierten übrigens eine klassische Ausbildung am Budapester Konservatorium. Einen entscheidenden Fortschritt der Gruppe sehe ich in der Anwendung der immensen Möglichkeiten der neuen elektronischen Musik. Man höre sich dazu ihre – nach meinem Geschmack – besten LP `s an: „Time Robber“, „Auf dem Weg der Sterne“, „Gammapolis“ oder ihre jüngste LP „Das Gesicht“ ( die allerdings schon wieder ein bisschen mehr zum Rock `n` Roll tendiert ). Omega gastierte in fast allen europäischen Ländern, war erfolgreich auf dem Festival „ Yamaha international“ in Tokio, wirkte in mehreren Fernsehfilmen mit und verkaufte in Ungarn die meisten Rock – Schallplatten. Ihren 20. Geburtstag in diesem Monat feiern sie übrigens zünftig; mit einer neuen Show, mehrere Tage lang und mit vielen Anhängern aus dem In – und Ausland, natürlich auch in der neuen Budapester Sporthalle. Später wird es von diesem Ereignis eine Live – LP, einen Kino Film und eine Video Aufzeichnung für `s Fernsehen geben. Wie schrieb doch ein ungarischer Kritiker ? „Omega macht Musik zum Hinhören, Texte zum Zuhören, Vorstellungen zum Hinsehen …“ Vielleicht werden wir uns schon 1983 bei einer neuerlich geplanten DDR – Tournee davon überzeugen können. Herzlichen Glückwunsch und toi, toi, toi für die nächsten Jahre.